2x EL95 Kopfhörerverstärker
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Ende August 2001 war ich es endgültig leid. Ich wollte ab und zu Musik in angemessener Lautstärke hören, ohne daß die Nachbarn auf die Barrikaden steigen. Das ganze mit ausreichend Leistungsreserve und gehörrichtiger, laustärkeabhängiger Frequenzgangkorrektur. Ergebnis ist diese Schaltung:

Schaltbild
Die Schaltung des Verstärkerchens.

Über die Eingangsbuchsen gelangt das Signal auf das Lautstärkepoti, welches über die Mittelanzapfung über 33 pF die Höhen bei kleinen Lautstärken stark anhebt und gleichzeitig die mittleren und hohen Töne über die 22 kΩ/33 nF Kombination absenkt. Leider sind diese Potis heutzutage extrem selten geworden. Weiter auf das Steuergitter der ersten Hälfte der ECC83.
Von der ECC83-Anode geht's weiter über einen sogenannten Kuhschwanzregler auf das Steuergitter der 2. ECC83-Hälfte, von deren Anode, auf das Steuergitter der EL95, dort weiter über den Ausgangstrafo auf den Kopfhörer. Von dort aus geht eine Gegenkopplung auf die Kathode der EL95 zurück, die mittels eines Kondensators phasenkompensiert ist. Ohne diese Kompensation sähe der Frequenzgang so aus.

Besonderheiten der Schaltung sind eigentlich nur die nicht via Kondensator abgeblockten Kathodenwiderstände. Dadurch verringert sich die Verstärkung beträchtlich, aber auch die Verzerrungen. Durch diese Maßnahme und die Festlegung der Anodenwiderstände auf 100 kΩ paßt der Verstärkungsfaktor bei normalen Hochpegelausgängen (CD-Player, etc.) recht genau auf die Kompensationskurve der gehörrichtigen, laustärkeabhängigen Frequenzgangkorrektur (Loudness).
Die beiden 10 und 33 µF Kondensatoren sowie die Widerstände zu 27 kΩ und 6,8 kΩ entkoppeln die Stufen voneinander. Der 10 nF Kondensator direkt am Eingang der Spannungsversorgung schließt höhere Frequenzen kurz, was einer eventuellen Schwingneigung zusätzlich entgegenwirkt. Die beiden Kanäle teilen sich diese Versorgung.

Durch den ungewöhnlich hohen Vorwiderstand von 22 kΩ vor dem Steuergitter der EL95 sowie den Schirmgittervorwiderstand von 390 Ω wird eine eventuelle Schwingneigung außerhalb des Hörbereichs unterdrückt.

Ende November 2001 wurde mir nach ein paar erstaunlichen Experimenten mit einem Ausgangsübertrager mit extrem dickem Kernblech und (nicht nur) daher hoher Primärinduktivität klar, daß ich ein ähnliches Ergebnis auch mit diesem Verstärker erreichen will:

Nach einiger Überlegung, wie ich das ohne große Umbauten anstellen soll, habe ich mit dem Koppelkondensator der rechten ECC83-Hälfte zurück ins Klangregelnetzwerk herumexperimentiert: Es galt eine Schwingneigung über den MM-Verstärker gegen die Baßanhebung im Bereich unter 100 Hz gegeneinander abzuwägen.
Schlußendlich bin ich bei 47 nF angelangt, was ein guter Kompromiß ist. Schwingneigung zeigt sich erst ab einer sehr sehr hohen Lautstärkeeinstellung und das auch nur ohne Signal. So laut macht keiner, es sei denn, derjenige ist stocktaub. ;-)
Der Frequenzgang vor dieser Maßnahme sah so aus.

Frequenzgang
Der Frequenzgang der Schaltung ohne Loudness
Hier zeigt sich, daß auch Vertikalausgangsübertrager nach oben hin genügend Bandbreite für Audioanwendendungen besitzen.

Der Verstärker liefert mit 300 V Betriebsspannung eine Ausgangsleistung von knapp 1 W Sinus an 235 Ω und zieht dann knapp 45 mA. Heizung ist bei 6,3 V mit 1 A meßtechnisch genau auf dem Niveau der Röhrentabellen. Ergibt zusammen knapp 20 W.

Zum Nachbau gibt's nicht viel zu sagen, außer die üblichen Tips: Heizleitungen eng verdrillen und weit entfernt von signalführenden Leitungen legen. Keine Masseschleifen bauen.


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Ansicht von Vorne-Oben
Gesamtansicht von vorne
der Schalter ist nicht in der Schaltung vermerkt, er schaltet die Spannungsversorgung der Schaltung ab.
Ansicht von Hinten
Das ganze von Hinten
was so durch die Lüftungsschlitze gleißt, ist der Blitz auf der Montageplatte.
Ansicht von Innen
Der Aufbau von innen
das Bild spiegelt nicht den letzten Stand der Schaltung wieder:
Loudness fehlt, die EL95-Steuergitter sind noch mit 1nF nach Masse
verkoppelt und die Klangregelung hat noch 100kΩ im Baßzweig.

Diesen Verstärker habe ich innerhalb von einer Woche zusammengebaut.

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